ANTIRASSISTISCHE STRATEGIEN FÜR DIE GRÜNE JUGEND SACHSEN-ANHALT

Beschluss der Landesmitgliederversammlung am 12. und 13. November 2022 in Magdeburg

Obwohl offener Rassismus immer seltener wird, sind institutionalisierter Rassismus z.B. durch Polizeigewalt oder Diskriminierung bei Behördengängen und Alltagsrassismus noch immer weit verbreitet. Das zeigt sich beispielsweise durch fremdenfeindliche Reaktionen auf Geflüchtete, Anfeindungen gegen asiatisch gelesene Menschen zu Beginn der Corona-Pandemie und auch in der Ausbeutung von Arbeitskräften aus Osteuropa. In Ostdeutschland ist die Gefahr für migrantisierte Menschen Opfer rassistischer Anfeindungen zu werden noch höher. Sachsen-Anhalt verzeichnete im Jahr 2020 sogar die zweitmeisten rechten, rassistischen und antisemitischen Straftaten in ganz Deutschland. Als GRÜNE JUGEND Sachsen-Anhalt setzen wir uns für eine antirassistische Gesellschaft ein. Dazu zählt auch die Strukturen unseres Verbands kritisch zu hinterfragen und Strategien zu entwickeln, um migrantisierte Menschen besser ansprechen, einbinden und fördern zu können. Obwohl migrantisierte Menschen historisch immer an politischen Kämpfen beteiligt waren, sind sie aufgrund einer Vielzahl sozio-ökonomischer Gründe in der Politik unterrepräsentiert. Um dagegen zu wirken, braucht es eine Strategie die ebenübergreifend und vom gesamten Landesverband getragen wird. Die Strategie orientiert sich dabei stark an den qualitativen und quantitativen Evaluationen des Bundesverbandes sowie den Analysen und erprobten Maßnahmen des Arbeitsbereichs antirassistische Strategien und des Bundesvorstands.

1. Solidarischer Antirassismus

Um rassistische Strukturen abbauen zu können, ist das Bewusstsein darüber, dass es sie gibt und wie sie sich gesellschaftlich äußern und wirken extrem wichtig. Deshalb ist antirassistische Bildungsarbeit ein bedeutender Bestandteil der GRÜNEN JUGEND Sachsen-Anhalt. Allerdings wird diese wichtige Aufgabe ausschließlich oder zu einem sehr großen Teil von migrantisierten Menschen selbst übernommen. So können migrantisierte Menschen ihren eigenen politischen Interessen weniger nachkommen und werden stattdessen durch die eigene Betroffenheit indirekt verantwortlich (gemacht). In Zukunft soll diese Arbeit Querschnittsaufgabe des gesamten Landesvorstands sein. Gerade die organisatorische Arbeit soll dabei von nicht-migrantisierten Personen getragen werden. Migrantisierte Mitglieder sollen von dieser Aufgabe nicht ausgeschlossen werden. Ihre persönliche Betroffenheit soll sie aber nicht zwangsläufig zu Repräsentant*innen für migrantisierte Menschen und Referent*innen für Rassismus machen. Durch regelmäßige Evaluation der Bildungsarbeit hat der gesamte Vorstand außerdem einen Überblick über die bisher ergriffenen Maßnahmen und kann gemeinsam Projekte erarbeiten und Ziele setzen.

2. Offene Verbandskultur

Zwischen „OG“, „LMV“ und „BuKo“ ist es als neues Mitglied oft nicht leicht, sich im Verband zu orientieren. Der Abbau von Abkürzungen, sozialen Codes und Fachbegriffen ist also essentiell um als Verband offen und zugänglich zu sein, egal was für einen sozialen Hintergrund neue Mitglieder oder Interessierte haben. Auch dürfen wir nicht voraussetzen, dass jede*r sich perfekt mit bspw. genderinklusiver Sprache auskennt. Anstatt Menschen aufgrund „falscher Sprache“ auszuschließen, stellt die GRÜNE JUGEND Sachsen-Anhalt einen sicheren Ort des gemeinsamen Lernens dar.

3. Förderung und Bildungsarbeit unterscheiden

Damit migrantisierte Menschen wirklich politisch ermächtigt werden und ihre eigenen politischen Themen angehen können, ist es wichtig, sie von der Aufgabe als „Rassismusexpert*in“ zu entlasten. Dazu zählt auch die Trennung von Förderangeboten und der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Rassismus. Antirassistische Bildungsarbeit soll in Zukunft besonders von nicht-migrantisierten Menschen organisiert und an sie gerichtet sein.

4. Fördermaßnahmen ausbauen

Neben einer offenen und antirassistischen Verbandskultur ist die gezielte Förderung migrantisierter Menschen ein weiterer wichtiger Strategiepunkt. Migrantisierte Menschen sollen auf Verantwortungspositionen vorbereitet werden, Wertschätzung vermittelt bekommen und gezielt in ihren Themen empowert werden. Dies soll dabei nicht nur auf spezifischen Veranstaltungen wie Vernetzungstreffen passieren, sondern als Querschnittsaufgabe des gesamten Verbands verstanden werden.

5. Gezielte Ansprache und Themensetzung

Zu unseren antirassistischen Strategien zählt auch die Außenwirkung der GRÜNEN JUGEND Sachsen-Anhalt. Wir sprechen migrantisierte Menschen gezielter an indem wir Themen behandeln, die für ihre Lebensrealität relevant sind. So hat die Evaluation des Bundesverbands ergeben, dass vor allem die Themen Arbeit und Soziales migrantisierte Menschen beschäftigen.
Zudem gehen wir gezielt auf migrantische Communities zu, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen, die 

Vernetzung zu stärken und den Zugang zu erleichtern.

6. Banden bilden!

Gerade weil der Landesverband Sachsen-Anhalt ein so homogener und weißer Raum ist, möchten wir die Vernetzung migrantisierter Mitglieder strategisch fördern. Migrantisierte Menschen können so voneinander lernen, ein unterstützendes Netzwerk aufbauen und Vorbilder für neue, jüngere migrantisierte Mitglieder sein. Diese Aufgabe ist vor allem auch Aufgabe der Verantwortungsträger*innen in den Ortsgruppen, weil Mitglieder hier ihre ersten Berührungspunkte in der GRÜNEN JUGEND Sachsen-Anhalt haben.

Da andere Landesverbände, insbesondere in Ostdeutschland, oft vor ähnlichen Aufgaben in der Antirassismus-Arbeit und Förderung migrantisierter Stimmen in unserem Verband stehen, wollen wir gezielt mit diesen zusammenarbeiten. Dafür werden wir direkt auf sie zugehen um gemeinsame Fördermaßnahmen und Weiterbildungsangebote zu organisieren. Gleichzeitig werden wir das Thema Antirassimus in den bereits bestehenden Kooperationen mit den anderen Ostverbänden stärker betonen.

Konkrete Maßnahmen

  • Methodenschulungen und Leitfäden für Verantwortungsträger*innen des Landesverbands und der Ortsgruppen (Kreisverbände) der GJ Sachsen-Anhalt
  • Erarbeitung eines Förderkonzepts von migrantisierten Menschen auf Ortsebene durch Erproben und Evaluieren verschiedener Fördermaßnahmen
  • Gezielte Ansprache migrantisierter Menschen durch inhaltliche Themensetzung und Evaluation der Öffentlichkeitsarbeit
  • Vernetzung und Kooperationen mit migrantischen Communities in Sachsen-Anhalt
  • Ebenübergreifende Vernetzung migrantisierter Menschen in Kooperation mit anderen Ostverbänden
  • Einladen von migrantisierten Referent*innen bei Veranstaltungen, die nicht Rassismus thematisieren
  • Antirassistische Bildungsarbeit, die als solidarische Aufgabe des gesamten Verbands verstanden wird wird und sich gezielter an nicht-migrantisierte Mitglieder richtet
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