PRESSEMITTEILUNG
Datum: 03.02.2016
Appell der GRÜNEN JUGEND an GRÜNE in Bund und Ländern:
Asylpaket II und Ausweitung der „sicheren“ Herkunftsstaaten die rote Karte zeigen!
Am 28. Januar einigte sich die Bundesregierung auf die Inhalte des Asylpaket II und verschärfte damit die bisherigen, seit November bestehenden Eckpunkte des geplanten Gesetzes. Verschiedene Punkte des Gesetzesentwurfes sind aus Sicht der GRÜNEN JUGEND untragbar:
Durch die Aussetzung des Familiennachzugs für zwei Jahre können alle so genannten subsidiär Schutzbedürftigen[1] ihre Familienmitglieder (meist Frauen* und Kinder) nicht mehr auf sicherem und direktem Wege nachholen. Dadurch wird eine der wenigen legalen und sicheren Fluchtmöglichkeiten noch weiter eingeschränkt. Frauen* und Kinder werden vor die Wahl gestellt, entweder in einem Land zu bleiben, in dem sie sich in großer Lebensgefahr befinden, oder sich auf lebensgefährliche Fluchtrouten zu begeben. In beiden Fällen wird der Tod dieser Personen in Kauf genommen. Weitere Tragödien sind somit vorprogrammiert. Zusätzlich wäre diese Entscheidung pures Gift für die gesellschaftliche Teilhabe von Geflüchteten, die durch den Familiennachzug erheblich erleichtert wird. Von verschiedensten Politiker*innen wurde in der Vergangenheit der Wert der Familie, der auch in Art. 6 GG geschützt ist, als Grundlage für ein funktionierendes Zusammenleben propagiert. Diese Aussagen werden durch die geplanten Gesetzesvorhaben vollkommen ad absurdum geführt.
Zudem sollen die Asylanträge bestimmter Geflüchtetengruppen im einwöchigen Schnellverfahren geprüft werden – ohne adäquaten Zugang zu unabhängiger und effektiver Rechtsberatung und Vertretung. Auch alle Geflüchteten ohne gültige Papiere können durch diese Schnellverfahren entrechtet werden. Faire Verfahren und Gleichheit vor dem Gesetz sind dadurch in keinster Weise mehr gewährleistet. Durch diesen Vorstoß wird das Rechtsstaatsprinzip für Geflüchtete ausgesetzt.
Außerdem soll die Abschiebung kranker und traumatisierter Geflüchteter erleichtert werden und es wird auf eine Ausweitung der „sicheren Herkunftsstaaten“ auf die Staaten Algerien, Marokko und Tunesien hingearbeitet. Das Prinzip der „sicheren Herkunftsstaaten“ ist allgemein abzulehnen, da es das individuelle Recht auf Asyl einschränkt. Aber auch aufgrund der Menschenrechtslage in den Mahgreb-Staaten, können diese kaum glaubwürdig als „sicher“ erklärt werden. Gerade in Marokko werden Monarchie-, Islam- und Regierungskritiker*innen verfolgt, gefoltert und sogar teilweise hingerichtet. Das Auswärtige Amt wird kein politisch unabhängiges Urteil zur Menschenrechtslage in diesen Ländern fällen.
Das Asylpaket II und die Einführung weiterer „sicherer Herkunftsstaaten“ wird nicht nur Integration erschweren, sondern bedeutet auch eine massive Entrechtung und Gefährdung von Schutzbedürftigen. Es steht für eine weitere massive Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl und tritt die Menschenwürde Schutzbedürftiger mit Füßen. Die Maßnahmen dienen auch jetzt wieder der Anbiederung an einen zunehmend rassistischen Diskurs in der Bevölkerung und der Abschottung gegenüber Schutzbedürftigen.
Als GRÜNE JUGEND verurteilen wir das Vorgehen der Bundesregierung aufs Schärfste. Es ist nicht nur verantwortungslos und unmenschlich, sich mit symbolpolitischen Maßnahmen auf dem Rücken Schutzbedürftiger als handlungsfähig zu profilieren. Es ist auch absolut inakzeptabel, dass das Wohl der von der Asylpolitik Betroffenen längst nicht mehr die Maßgabe für asylpolitische Entscheidungen ist und stattdessen die Befriedigung rassistischer Ressentiments in den Fokus rückt.
Als GRÜNE JUGEND fordern wir Bündnis 90/Die Grünen auf, diesem Politikstil und der Entrechtung Schutzbedürftiger klar entgegen zu steuern und den geplanten Gesetzen die rote Karte zu zeigen.
Wir fordern die grünen Bundestagsabgeordneten auf, das Asylpaket geschlossen abzulehnen. Zudem fordern wir alle Grünen in den Landesregierungen auf, in der Stellungnahme des Bundesrates zum Asylpaket II für deutlichen Widerstand gegen den Gesetzesentwurf zu sorgen. Wir appellieren an alle Landesregierungen, die weitere Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten abzulehnen.
Unterzeichner*innen:
- GRÜNE JUGEND Bundesverband
- GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg
- GRÜNE JUGEND Brandenburg
[1] Personen, die nicht unter Art.16a GG oder die Genfer Flüchtlingskonvention fallen, aber trotzdem nicht abgeschoben werden können, da ihnen ein ernsthafter Schaden drohte, wenn sie in ihr Herkunftsland abgeschoben werden würden.