KOHLEAUSSTIEG IN SACHSEN-ANHALT

Beschluss der Landesmitgliederversammlung am 24. März 2023 in Stendal

Die Klimakrise ist zweifellos eine der größten Bedrohungen unserer Zeit — von der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal bis zu dem Waldsterben im Harz. Die Folgen der verfehlten Klimapolitik der letzten Jahrzehnte sind auch bei uns bereits klar erkennbar. Umso erschreckender ist es zu sehen, dass die Landesregierung noch immer so handelt, als würde es die Klimakrise nicht geben. Das Pariser Abkommen wird gänzlich verfehlt. Eine Hauptursache dafür ist die verschleppte Energiewende. Statt auf eine schnelle Transformation zu einer klimaneutralen stromproduktion, setzen Ministerpräsident Haseloff und Wirtschaftsminister Schulze auf die klimaschädliche, umweltzerstörende und technisch längst überholter Braunkohle. Damit gefährden sie nicht nur unser Klima, sondern auch die Versorgungssicherheit und Arbeitsplätze in unserem Bundesland.

Wer heute noch langfristig plant, auf Kohle zu setzen, der setzt auf Deindutrialisierung, setzt auf Energieengpässe, setzt auf soziale Krise mit Ansage. Und setzt unser aller Zukunft aufs Spiel.

Sachsen-Anhalts Braunkohleminen sind voraussichtlich ab 2034 ausgekohlt. Das bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt keine Braunkohle mehr gefördert und teure Kohle importiert und verstromt werden müsste. Ein Weg, der sich so weder versorgungstechnisch, preislich, noch unter dem Aspekt des Klimaschutzes für Sachsen-Anhalt rechnen wird.

Die Bestrebungen der CDU, einen Kohleausstieg für Sachsen-Anhalt frühestens ab 2038 zu verwirklichen, ist nicht nur in größtem Maße realitätsfern, sondern ist auch eine tatsächliche Gefahr. Selbst ein Kohleausstieg im Jahre 2034 im mitteldeutschen Revier ist klimatechnisch brandgefährlich. Deshalb ist es jetzt zwingend notwendig eine Wende in der Energiepolitik hin zu einem Kohleausstieg spätestens 2030 zu erreichen!

Gemeinsam für Klimagerechtigkeit!

In Kooperation mit den Landesverbänden in Brandenburg und Sachsen sowie mit der GRÜNEN JUGEND als Ganzem setzt sich die GRÜNE JUGEND Sachsen-Anhalt aktiv für einen pariskonformen Kohleausstieg in Ostdeutschland ein. Nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung zusammen mit vielen weiteren Bündnispartner*innen wird es möglich sein, einen klimagerechten Osten zu erreichen…

Die GRÜNE JUGEND bringt durch ihre weitreichenden Verbindungen zu den unterschiedlichsten Akteur*innen den Druck von der Straße in die Parlamente. Dabei sehen wir uns insbesondere als Bindeglied zwischen anderen Initativen. Dafür wollen wir unsere Kontakte zu Klimabündnissen in Sachsen-Anhalt nutzen und ausbauen, und uns aktiv an der Vorbereitung und dem Aufbau neuer Bündnisse beteiligen. Nur wenn wir die Mittel und Möglichkeiten vieler Partner*innen zusammenbringen, können wir als Bewegung gemeinsam davon profitieren.

Wenn die Regierungen es nicht eigenständig schaffen, tatsächlichen 1,5-Grad-konformen Klimaschutz zu betreiben, dann braucht es den Druck von der Straße. Diesen Druck müssen und werden wir massiv erhöhen.

Kohleausstieg im Osten 2030

Die Bundesnetzagentur ist in ihrem aktuellen Bericht zu dem Entschluss gekommen, dass durch einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg in Ostdeutschland die Stromversorgung nicht gefährdet wäre. Selbst bei steigendem Energiebedarf würde es laut Bundesnetzagentur1 nicht zu Engpässen im Energiesektor kommen. Es ist jedoch zwingend notwendig, den Ausbau der erneuerbaren Energien in Sachsen-Anhalt dafür mit aller Kraft voranzubringen.

Wichtig ist es zudem aus den Hinterzimmerdeals mit RWE zu lernen. Einen Kohlekompromiss mit der Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft (MIBRAG) , der von Intransparenz und geschönten Zahlen geprägt ist, wie es in Nordrhein-Westfalen der Fall gewesen ist, können wir uns nicht leisten. Es braucht ein Gutachten, welches wissenschaftlich fundiert und ohne marktwirtschaftliche Beeinflussung aufzeigt, wie viel Braunkohle bis 2030 tatsächlich noch im Energiesektor benötigt wird. Wir wollen einen tranzparenten und Paris-konformen Ausstiegsplan, der in erster Linie die Bedürfnisse der Menschen vor Ort und den Schutz unserer Lebensgrundlagen berücksichtigt. Und wir sind überzeugt: Neben einer grundsätzlich neuen Schwerpunktsetzung in der Energiepoltik und einer dringend notwenidgen Transformation der (Energie)wirtschaft in Sachsen-Anhalt, braucht es als Antrieb für all diese Veränderungen einen Kohleaustieg bis spätestens 2030.

Keine neuen Flächen für Kohle – Lützen ist nicht Lützerath

Lützen, Profen/Domsen und Amsdorf – Das sind die Gebiete, die im aktuellen Landesentwicklungsplan Sachsen-Anhalts als Vorranggebiete für die Braunkohlegewinnung ausgewiesen sind. Auch wenn diese Gebiete nicht länger unmittelbar bedroht sind, so sind sie dennoch eine Hintertür für Konservative, um sich an die Braunkohle und damit schmutzige Energie zu klammern. Wir fordern daher die Landesregierung auf, in der aktuellen Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans alle noch nicht genutzen Vorranggebiete für Braunkohle zu streichen.

Weg mit der Kohle – her mit den Perspektiven!

Die Ausgangslage in Sachsen-Anhalt für einen vorgezogenen Kohleausstieg ist denkbar schlecht. Trotz fundierter Berichte verschläft unsere Landesregierung die so dringend notwendigen Veränderungen bewusst. Der Braunkohletagebau und die damit verbundenen Arbeitsplätze werden schamlos instrumentalisiert, um das Märchen der Massenarbeitslosigkeit im mitteldeutschen Revier aufrecht zu erhalten. Momentan arbeiten ca. 6000 Menschen in Sachsen-Anhalt unmittelbar in der Braunkohle. Mit einem früheren Ausstieg aus der Kohle fallen laut der CDU-Fraktion alle in der Braunkohle tätigen Arbeiter*innen in die Arbeitslosigkeit. Man ignoriert hierbei den enormen Fachkräftemangel, der in unserem Land herrscht.

Es ist essenziell, die Arbeiter*innen in der Braunkohle abzusichern. Dafür braucht es vorausschauende Planungen, um einerseits die Arbeitslosigkeit zu verhindern und die Menschen als fähige Fachkräfte in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Andererseits müssen diejenigen, die Umschulungen benötigen, aufgefangen und unterstützt werden, damit sie nicht als Verlierer*innen aus dem Transformationsprozesses unseres Bundeslandes gehen.

Das bereits absehbare Ende der Kohle erzwingt einen Umbau der Wirtschaft im Osten im Allgemeinen und in Sachsen-Anhalt im Besonderen. Damit einher gehen aber auch Chancen für neue, zukunftfeste Arbeitsplätze.

In großen Mengen verfügbarer Strom aus den Erneuerbaren ist kostengünstig und somit ein enormer Standortvorteil, gerade für jene Regionen in Sachsen-Anhalt, die mehr Energie produzieren als sie verbrauchen können. Neuansiedlungen von Unternehmen wie Intel sind auch darauf zurückzuführen. Wenn es Sachsen-Anahlt also schafft, die großen Potenziale z.B. für Windenergie geschickt zu nutzen, kann man zukünftig mit vielen neuen und perspektivreichen Arbeitsplätzen rechnen.

Ausbau der erneuerbaren Energien

Ohne den Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein vorgezogener Kohleausstieg in Sachsen-Anhalt unerreichbar. Aus diesem Grund ist es jetzt an der Zeit den Transformationsprozess zu starten, um in sieben Jahren aus der Braunkohle aussteigen zu können und unsere Energie aus der Windkraft, Photovoltaik und anderen erneuerbaren und echt klimaneutralen Energieformen zu gewinnen.

Mit dem Ausstieg aus der Braunkohleindustrie in Sachsen-Anhalt ergeben sich viele Bergbaufolgeflächen. Diese gilt es zu nutzen und anzupassen. Die Bergbaufolgeflächen der MIBRAG eignen sich perfekt, um auf ihnen Windparks und Solarparks zu errichten. Dadurch werden diese sonst brach liegenden Flächen für den Ausbau der Erneuerbaren genutzt und bieten der MIBRAG die Möglichkeit auch nach 2030 noch als Energiekonzern in Sachsen-Anhalt zu existieren. Die MIBRAG zeigt bereits jetzt Bestrebungen sich in diesem Markt zu etablieren. Deren Absichten sind jedoch rein marktwirtschaftlicher Natur. Das bedeutet, dass das Unternehmen so lange an der Braunkohle festhalten wird, bis daraus keine Profite mehr erzielt werden können. Eine Chance bietet dieser Umbau für den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt jedoch trotzdem. Neben der Windkraft und der Solarenergie hat die MIBRAG auch ihr Interesse an Wertschöpfungsketten von grünem Wasserstoff gezeigt. Damit würden sie in Sachsen-Anhalt auf große Nachfrage stoßen. Viele Stakeholder haben ein Interesse daran in Sachsen-Anhalt einen Produzenten für Wasserstoff zu haben.

Deshalb ist es wichtig, mit der MIBRAG in Verhandlungen zu einem früheren Kohleausstieg zu treten und ihnen die Chancen dieses Transformationsprozesses zu verdeutlichen. Damit gehen wir einen wichtigen Schritt zur Klimaneutralität und zu einem gestärkten Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt.

Aber auch außerhalb dieser Folgeflächen müssen die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden. Sachsen-Anhalt ist eines der Bundesländer, in dem es sehr viele Flächen gibt, auf denen Windkraftanlagen im Einklang mit Mensch und Natur errichtet werden können. Dieses Potenzial gilt es jetzt auch zu nutzen.

Zudem fordern wir ein Umdenken, wie wir Energie gewinnen und wer sie erzeugt. Energieversorgung ist kritische Infrastruktur und sollte daher grundsätzlich nicht gewinnorientiert ausgerichtet sein. Statt uns von Klimaschädlichen Rohstoffen, Despoten und Großunternehmen abhängig zu machen, muss die Energie der Zukunft echt klimaneutral, dezentral und gemeinwohlorienteirt gewonnen werden.

Wir wollen Solarparks und Windkraftanlagen in Bürger*innenhand. Kommunen, die Flächen für erneuerbare Energiegewinnung bereitstellen, müssen davon vor Ort konkret profitieren. Private Anschaffungen z.B. von Solaranlagen für das Dach müssen erleichtert und bei Neubauten verpflichtend werden. Gerade Gebäude in öffentlicher Hand müssen Vorbilder dezentraler Energieversorgung sein. Wir brauchen Speichertechnologien wie z.B. Wasserstoff, um die Schwächen einiger erneuerbarer Energien auszugleichen. Es braucht rundum eine gesamtgesellschaftliche und von der Politik angetriebene Transformation, damit wir bis 2030 vollständig unabhängig von der Kohle sind.

[1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/V/versorgungssicherheitsbericht-strom.pdf?__blob=publicationFile&v=4

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